04.10.2023

Nachdem ich mich in Busan vom Bahnhof zu meiner ersten Unterkunft gekämpft hatte – mein Rucksack war schon viel schlanker geworden, allerdings immer noch ein kleines Monster – konnte ich endlich durchatmen. Durchatmen nach Monaten anstrengender Reise, nach Sprachproblemen, abweisenden Menschen, holprigen Straßen, schlechtem Essen und stinkenden Gers (klingt jetzt nach einer Horrorreise, so wars aber gar nicht). Die Unterkunft in Busan nahe des Fischmarkts war eine der besten der Reise. Leider nur für eine Nacht, da ich dann nach Haeundae, das Strandviertel in Busan umziehen würde. Man gönnt sich ja sonst nichts.

 Dass die Reise anstrengend war, hatte ich ja durchaus wahrgenommenen. Wie anstrengend, merkte ich allerdings erst in den ersten Tagen in Südkorea. Plötzlich war alles sauber und gut organisiert. Und das Essen, ein Traum. Da stand ich nun also nach 3,5 Monaten, ca 8200km Luftlinie vom Ausgangspunkt entfernt, das erste Mal seit Istanbul wieder am Meer, das schlechte Wetter vom Sturm noch nicht ganz abgeklungen und war der glücklichste Mensch der Welt (soweit ich das beurteilen kann). Aber auch ziemlich nachdenklich (was ich übrigens auch grade bin während ich den Eintrag schreibe und von meinem Balkon in San Francisco auf die Lombard Street und den Sonnenuntergang neben der Golden Gate Bridge gucke). Ich hatte es geschafft, mein persönliches Seidenstraßenprojekt. Trotz Bänderriss, ungesunder Ernährung, inkompetenten Bergführern, trotz Überschwemmungen, extremer Hitze und Stürmen. Alles mit öffentlichem Verkehr, überwiegend auf dem Landweg und null komma null Russischkenntnissen. Ich bin unglaublich glücklich, stolz und dankbar, dass ich diese Reise gemacht habe. Dass ich größtenteils gesund geblieben bin (eine Erkältung, einmal den Magen verdorben und gut auf den Bänderriss hätte ich echt verzichten können, trotzdem ein guter Schnitt) und von sonstigen Katastrophen verschont geblieben bin. Außerdem bin ich dankbar für meinen Pass, der mich in alle Länder bis auf eins visumfrei reisen lässt. Ich bin froh Zentralasien endlich selbst kennengelernt zu haben, die guten und die schlechten Seiten. Ich bin um jede Erfahrung dankbar und dankbar für jede Begegnung, für jede neue Erkenntnis und Einblicke in eine Kultur zwischen Altertum und Moderne, auf der Suche nach der eigenen Identität irgendwo zwischen Russland, China und dem Westen. Dankbar, dass ich immer wieder die Möglichkeit bekomme meine eigenen Einstellungen zu hinterfragen, manchmal auch zu bestätigen.  Die Reise wird mich sicherlich noch lange beschäftigen, viel muss ich noch einordnen und die weitere Entwicklung verfolgen. Leider auch manchmal schlechte Entwicklungen. Von den USA aus habe ich die Situation in Bergkarabach verfolgt und bin ratlos. Wie ihr meinem Eintrag zu Armenien und Aserbaidschan entnehmen könnt, sind da für mich noch viele Fragen offen und ich habe versucht beide Seiten zu verstehen. Die Gewalt und die große Not der armenischen Bevölkerung, die nun zur Flucht gezwungen ist, lässt mich jedoch sprachlos zurück. Auch dafür brauche ich sicherlich noch etwas um das zu verdauen.

Warum sich der Beitrag so nach Abschied anhört? Meine Reise geht dem Ende entgegen und ich merke, dass ich es nicht mehr schaffe alles hier festzuhalten. Ich werde noch kleine Berichte zu meinen Stationen in Südkorea schreiben und sicherlich auch nochmal ein paar Themen zur USA einfügen, aber der USA Teil ist einfach zu viel (ich habe es da etwas übertrieben, aber wer weiß wann ich nochmal dort hin komme, Hawaii und Kalifornien sind ja nicht um die Ecke). Vieles wurde noch einfacher und entspannter, einfach ins Auto und so, dafür warteten ganz andere Herausforderungen. Wer an der Reise interessiert ist kann dann mein Buch „Hardcore Reisen in den USA“ lesen, da erkläre ich dann wie man 6 Wochen non-stop 24/7 reist, oder vielleicht auch besser nicht 😉

Darum nun schon einmal danke an alle, die ich unterwegs getroffen habe und die Geschichten, Perspektiven oder einfach ihre Zeit mit mir geteilt haben. Es war gut manches gemeinsam Revue passieren zu lassen oder gemeinsam über manche Eigenarten zu lachen. Danke fürs Shampoo teilen, Medikamente überlassen, Dinge nach Deutschland mitnehmen, fürs Gejammer anhören und medizinische Ratschläge. Danke fürs Wege erklären, geduldig Google Translate nutzen und Sitzplatz freimachen (wegen des Rucksacks, nicht des Alters) und fürs Telefon benutzen lassen (ich habe es tatsächlich ohne eine einzige lokale Sim-Karte geschafft), fürs vor dem Bär warnen. Danke für das Vertrauen, Wünsche, Hoffnungen und Sorgen der Zukunft mit mir zu teilen. Danke für die ganzen Reisetipps aus allen Ecken. Danke fürs Mut machen und fürs die Stellung halten. Danke fürs mich immer wieder ziehen lassen auch wenn es schwer fällt. Und zu guter Letzt danke für mitlesen und mitreisen. Das war sicherlich nicht die letzte Reise #travelislife. Jetzt braucht mich aber erstmal meine Heimat.

Und was zum Teufel ist da wieder beim FC los?

Und endlich, das Meer – Durchatmen in Südkorea

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