Etwas paranoid, kommt mein Bericht zu Armenien erst jetzt. Von Tbilisi aus ist es einfach Yerewan in Armenien zu erreichen. 5 Stunden mit dem Bus inkl. Grenzkontrolle. Die Einreise nach Armenien war dann auch super unkompliziert und mit einem Herzlich Willkommen verbunden. Man hatte das Gefühl, sie freuten sich aufrichtig, dass man ihr Land besucht. Der Eindruck sollte sich später bestätigen. Am Busbahnhof (das klingt immer so institutionalisiert, meist ist das ein Platz auf dem sich alle Minibusse sammeln. Hin und wieder gibt es sogar ein Büro wo man Tickets kauft, sonst einfach den Fahrer bezahlen. Damit hier keine falschen Vorstellungen entstehen) habe ich mich dann gleich einer Finnin angeschlossen, die zu Fuß in die Innenstadt laufen wollte. Immer großartig Menschen zu finden, die genauso gerne oder oft zu Fuß laufen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich mit meiner Monsterrucksack und dem kaputten Knöchel nur schwer mithalten konnte.

Ich war viel zu kurz in Armenien. Es ist ein wunderschönes Land mit unglaublich freundlichen Menschen. Jeder freut sich, dass Touristen kommen. Mir hat es allerdings am besten außerhalb Yerewans gefallen, und dort hab ich viel zu wenig Zeit verbraucht. Eigentlich nur ein kurzer Ausflug in dem ich aber die Berge inkl. des Ararat, der auf türkischem Territorium liegt, bewundern durfte und einiges über die Psyche der Armenier lernen konnte. Leider lag der Ararat in den Wolken als ich Khor Virap besucht habe. Nichtsdestotrotz ein außergewöhnlich gelegenes Kloster direkt an der Grenze zur Türkei. Klöster und Kirchen gibt es einige in Armenien, kommt man gar nicht dran vorbei. Auch das Kloster Norawank liegt beeindruckend gelegen auf einer Kuppe in einem Tal aus rotem Gestein. Eine vollkommen andere Landschaft als am Ararat. Abends habe ich noch an einer Weinprobe teilgenommen weil Armenien eines der erste Länder sein soll, das Weinbau betrieb (anscheinend seit 6000 Jahren). Da erwartet man ja guten Wein. Aber…leider nicht. Ich war stark irritiert von dem Weißwein, der Rotwein hatte eine interessante Eichennote, aber hat mich auch nicht überzeugt. Der Rosé hat mir am besten geschmeckt und wer mich kennt, weiß, dass ich den nie trinken. Also eher ein schlechtes Zeichen, wenn das der erträglichste war. Nach einem weiteren Versuch der regionalen Weinkultur in Georgien, der auch furchtbar war, habe ich das mit dem Wein in der Region erstmal gelassen. Ich denke vor Kalifornien kommt da nicht tolles mehr 😉 Das Essen ist allerdings großartig gewesen. Allerdings nur das außerhalb Yerewans, klassische home cooked meals. Yerewan hat mich eher enttäuscht. Man hat das Gefühl, dass die Armenier sehr stolz auf ihre moderne Hauptstadt sind. Ich hatte allerdings das Gefühl, dass ich in einem Hippster Wonderland gelandet bin, in dem es schwer war gutes und erschwingliches Essen zu finden. Dementsprechend konnten sich auch viele Armenien gar nicht leisten in die hippen Cafes zu gehen. Was aber großartig war, war das englischsprachige Kino. Dank eines Tipps eines Australiers, konnte ich auch hier direkt zum Start Guardians of the Galaxy Vol. 3 gucken. Die Nachos waren eine interessante Interpretation, der Film aber super 🙂

Ich denke man kann und sollte Armenien nicht besuchen ohne sich mit den historischen und aktuellen Kriegen und Konflikten auseinanderzusetzen. Der Krieg mit Aserbaidschan ist omnipräsent und Schilderungen lassen die Verzweiflung der Armenier deutlich erkennen. Klar wird, dass sie sich viel mehr Unterstützung der internationalen Gemeinschaft wünschen würden. Aufgrund politischer und insb. wirtschaftlicher Interessen geschieht dies aber nicht. Auch der Völkermord an den Armeniern auf türkischem Territorium Anfang des 20. Jh. prägt die Gesellschaft noch immer. Der immer schwelende und im September 2022 erneut eskalierte Konflikt um Nagorno-Karabakh fordert immer noch regelmäßig Todesopfer unter den Soldaten und hat einen Großteil der Bevölkerung von der Versorgung mit Lebensmitteln und Medizin abgeschnitten. Recht hilflos habe ich den Schilderungen der jungen Armenier zugehört. Bei all der Anerkennung der Leiden der Armenier wollte ich in Aserbaidschan auch versuchen die andere Seite zu verstehen.

Yerewan
Khor Virap
Das beste Essen bisher
Kloster Norawank
Nachmittags hat er sich dann doch noch etwas gezeigt

30.05.2023

Nachtrag Armenien

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